Verhaltenskodex – „Starke Eltern Starke Kinder Mit Behinderung ®“

1. Die Persönlichkeit und Würde sind unantastbar

Wir beziehen im Rahmen unserer Arbeit Stellung gegen diskriminierendes (besonders Ableismus), sexistisches, rassistisches und gewalttätiges Verhalten jeder Art. 

Wir verpflichten uns, unsere TeilnehmerInnen sowie Ihre Kinder unabhängig ihres Alters und Geschlechtes, ihrer Herkunft, Religion, Fähigkeiten, Gesundheitszustand wertzuschätzen, sie zu begleiten und zu beraten, ihre Grenzen zu achten und zu respektieren.  

Was machen wir konkret?

Im Elternkurs „Starke Eltern – Starke Kinder® mit Behinderung” ist Inklusion einer unserer Schwerpunkte. Eine inklusive Gesellschaft bedeutet für uns, dass jeder Mensch akzeptiert wird sowie gleichberechtigt und selbstbestimmt an dieser teilhaben kann – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft, von Religionszugehörigkeit oder Bildung, von Behinderungen oder sonstigen individuellen Merkmalen. 

Unsere Kurse stellen einen Schutzraum dar, in dem keine Form von diskriminierendem Verhalten geduldet wird.

Unter Diskriminierung versteht man jede Form der ungerechtfertigten Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von einzelnen Personen oder Gruppen aufgrund verschiedener wahrnehmbarer beziehungsweise nicht unmittelbar wahrnehmbarer Merkmale (wie z.B. eine Behinderung). 

Uns ist auch bewusst, dass es für Menschen mit Behinderungen schwieriger sein kann, ihre Grenzen klar zu definieren und auszudrücken. 

Aus diesem Grund achten unsere MitarbeiterInnen sorgfältiger auf die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen und ihrer Kinder. Sie achten immer darauf, dass diese mit dem einverstanden sind, was während dem Kurs oder der Betreuung getan wird.

Das Elternkursteam arbeitet kontinuierlich an einer Konzeptanpassung und Erweiterung der Elternkurse auf Basis der konkreten Familienbedarfe, sodass den Familien ein elementares Mitspracherecht eingeräumt wird. 

Außerdem gibt es im Ablauf des Kurses immer genügend Raum, um die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer, der Kinder, Erwachsenen und der Fachkräfte zu berücksichtigen und die gemeinsame Arbeit entsprechend zu gestalten.

2. Professionelle Distanz

Wir wahren eine angemessene professionelle körperliche und emotionale Distanz sowohl zwischen TeilnehmerInnen und MitarbeiterInnen, Kindern und BetreuerInnen, als auch unter MitarbeiterInnen. 

Was machen wir konkret?

In Bezug auf die Kurse für Eltern ist es wichtig, dass die MitarbeiterInnen eine Grenzen akzeptierende Haltung einnehmen und Berufliches und Privates trennen. 

Wir entwickeln keine ausschließenden Beziehungen zu einzelnen TeilnehmerInnen und gestalten alle persönlichen Interaktionen entsprechend unseren Standards. Es ist notwendig, Teilnehmenden die Grenzen unserer Arbeit aufzuzeigen und darzustellen, wie und bei welchen Themen wir Unterstützung anbieten können.

Eine ausgewogene und unterstützende Beziehung zu Kindern aufzubauen und gleichzeitig die professionelle Distanz zu respektieren, ist das Ziel unserer BetreuerInnen. Konkret gehen sie in kleinen Schritten auf die Kinder zu, basierend auf deren Rückmeldungen und Reaktionen, um Aktivitäten anzubieten oder den Kindern Zeit zur Eingewöhnung zu geben.

Die BetreuerInnen fragen die Kinder entwicklungsentsprechend nach Erlaubnis für Körperkontakt und benennen dessen Zweck. Liebevolle Zuwendung (z.B. Umarmung) erfolgt nur als Erwiderung eines kindlichen Bedürfnisses und mit einer Erklärung des Zwecks und mit dem Einverständnis der Kinder. 

Während der Betreuung ist es für die Kinder immer möglich, zu ihren Eltern zu gehen, wenn sie sie brauchen.

3. Kinder und Jugendliche müssen vor Schaden geschützt werden

Wir haben den Auftrag, Kinder und Jugendliche vor sexuellen Übergriffen und Gewalt sowie vor körperlichem und seelischem Schaden zu schützen.

Wir unterstützen Familien bei der gewaltfreien Erziehung. Wir arbeiten stark daran, dass Gewalt nicht stattfindet. Wir wollen das Beste für Kinder, Jugendliche und Familien.

Was machen wir konkret?

Die Gefahr, traumatische Erfahrungen zu machen, ist bei Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen erhöht. Sie haben oft wenig Möglichkeiten sich mitzuteilen. Sexuelle, körperliche und seelische Gewalt bleibt dann unentdeckt.

In den Elternkursen arbeiten wir präventiv. Wir wollen die Kinder und Familien vor Schaden bewahren. Wir erklären den Erwachsenen in unseren Kursen, wie sie Mädchen und Jungen altersangemessen präventiv schützen können, indem sie ihnen Orientierung, Kontrolle und Selbstwertschutz vermitteln. 

Die Mehrheit der Eltern, die trotz des ldeals der gewaltfreien Erziehung körperliche und seelische Bestrafungen in ihrer Erziehung anwenden, führt diese auf situative Gründe, Hilflosigkeit und Stress im Erziehungsalltag zurück, wobei diese Ursachen in Familien mit einem beeinträchtigten Kind in verstärktem Maße auftreten können. 

Vor diesem Hintergrund kann der Elternkurs als ein lnstrument angesehen werden, mit dessen Hilfe Eltern Alternativen in der Erziehung aufgezeigt werden. Die Eltern erlernen Kommunikationstechniken sowie Konfliktbewältigung und werden zu Vorbildern für ihre Kinder. Wir sprechen viel über Gefühle, Selbstwirksamkeit und Grenzen.

Unsere pädagogischen MitarbeiterInnen sind kompetente Ansprechpersonen, die zuhören und helfen können, wenn der Verdacht oder die Gefahr besteht, dass den Kindern Gewalt angetan wird. Durch fortwährende Schulungen der Mitarbeitenden und die konsequente Umsetzung unseres Schutzkonzeptes gelingt es somit nicht nur, den Elternkurs ressourcenorientiert auszurichten, sondern auch ein besonderes Augenmerk auf die Widerstandsressourcen und Resilienz der Kinder zu legen. 

4. Kinder und Jugendliche benötigen einen Entwicklungsraum, um sich frei zu entfalten

Kinder und Jugendliche haben in unseren Angeboten Raum, ihr Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Wir trauen den Kindern die Fähigkeit zur Selbstbestimmung zu. Dies gilt für alle Kinder, auch für Kinder mit Beeinträchtigung.

Was machen wir konkret?

In unseren Kursen erleben Eltern viel Rückhalt. Das ist wichtig, damit die Familie stark und selbstbestimmt handeln kann. Nicht die Perfektion, sondern die Selbstbefähigung und Selbstvertretung der Eltern und der Kinder sind wichtig.

Vor allem zwei Aspekte des Erziehungsverhaltens werden so gefördert: die Fähigkeit, liebevoll, warm und unterstützend auf das eigene Kind einzugehen – und die Kraft, zu lenken und soziale Regeln zu vermitteln, ohne seelisch oder körperlich zu verletzen.

Die Eltern erfahren sich selbst als ExpertInnen für ihr Leben und ihre Bedürfnisse und als Vorbilder ihrer Kinder. So können sie auch ihren Kindern zunehmend ein der Entwicklung angemessenes Mitspracherecht in der Familie zugestehen und sie in Empowermentprozessen unterstützen.

In der kursbegleitenden Kinderbetreuung werden die Kinder spielerisch in ihrer (nonverbalen) Kommunikationsfähigkeit gefördert. Sie erfahren ein gutes Körpergefühl durch inklusive Bewegungsangebote, erproben und entwickeln soziale Kompetenzen in der Gruppe durch Partizipation und eine Bewältigbarkeit der Spielräume. Die Mitarbeitenden sprechen in einer angepassten und leicht verständlichen Sprache. Die Kinder dürfen ihre individuellen Bedürfnisse mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen äußern und werden gehört bzw. gesehen.

5. Qualifizierte Mitarbeitende und Honorarkräfte

Wir alle tragen Verantwortung für unsere KursteilnehmerInnen und deren Kinder, damit keine sexualisierte Gewalt und keine Grenzverletzungen möglich werden.

Eine fortlaufende Weiterqualifizierung, insbesondere im inklusionspädagogischen Bereich, gehört zum Selbstverständnis unserer Arbeit.

Was machen wir konkret? 

Alle MitarbeiterInnen haben eine pädagogische oder psychologische Ausbildung und bilden sich fortlaufend zu signifikanten Themen weiter. Dazu gehören regelmäßige Schulungen zu spezifischen Behinderungsformen und Förderbedarfen sowie eine fortlaufende Weiterentwicklung von Konzepten zur Gewaltprävention und Feedbackkultur.

Die Aufklärungsarbeit von neuen MitarbeiterInnen und Honorarkräften bildet einen wichtigen Baustein des Verhaltenskodex. Dazu gehört eine klare Definition von körperlichen und verbalen Grenzen. Wir beziehen hier das Ampel-Schutzkonzept des Kinderschutzbundes Landau und das Präventionsprogramm “Ben und Stella wissen Bescheid” der DGfPI mit ein.

Im wöchentlichen Teammeeting besprechen wir mögliche emotionale und verhaltensmäßige Irritationen, die wir im Kontakt mit einzelnen Kindern, Eltern oder MitarbeiterInnen beobachten sowie deren Konsequenzen (s. Punkt 7).

6. Positive Fehler- und Feedbackkultur

In unserem Projekt *Starke Eltern Starke Kinder® mit Behinderung* begreifen wir Fehler als Chancen, um aus ihnen stetig zu lernen. 

Wir begegnen uns auf Augenhöhe, mit Respekt und Wertschätzung sowie voller Offenheit und Vertrauen. 

Was machen wir konkret?

Am Ende eines Elternkurses steht den Eltern ein anonymisiertes Feedbackformular zur Verfügung, welches online oder im Papierformat ausgefüllt werden kann. 

Eine weitere Möglichkeit Feedback zu geben, besteht darin, die zuständige Projektkoordinatorin zu kontaktieren: Antonia Infante, Tel. 0175-9963110,  infante@dksb-muc.de.

Im wöchentlichen Teammeeting herrscht eine vertrauensvolle Teamkultur, in dem Verbesserungsvorschläge kollegial diskutiert werden. Das Feedback der KursteilnehmerInnen und gegebenenfalls deren Kinder, KursleiterInnen und Honorarkräfte werden besprochen, abgeglichen sowie konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet. 

7. Umgang mit Grenzverletzungen durch Mitarbeitende geregelt durch das QM des Trägers

Der Schutz der Kinder mit besonderem Bedarf sowie deren Eltern und MitarbeiterInnen stehen an erster Stelle. Irritationen und Grenzverletzungen offen zu benennen ist sowohl von Betroffenen als auch von Dritten ausdrücklich erwünscht.

Grenzverletzungen sind alle Verhaltensweisen gegenüber Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die ihre persönlichen Grenzen im Kontext eines Betreuungsverhältnisses überschreiten. 

Verübt werden Grenzverletzungen sowohl von erwachsenen Frauen, Männer und Jugendlichen, die mit Betreuungsaufgaben beauftragt wurden, als auch von gleichaltrigen oder älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Was machen wir konkret?

Bei konkreten oder Verdachtsfällen steht folgende Ansprechpartnerin zur Verfügung: Antonia Infante, Tel. 0175-9963110, infante@dksb-muc.de.

Wir suchen jeweils ein klärendes, vertrauliches Gespräch mit allen Beteiligten.

Im Konfliktfall informieren wir die Verantwortlichen auf Leitungsebene und ziehen professionelle Unterstützung hinzu.

Jede*r hat im Falle möglicher Grenzverletzungen das Recht auf eine individuelle Klärung.

Uns ist bewusst, dass es für Kinder mit kognitiven und emotionalen Beeinträchtigungen ggf. schwieriger sein kann, ihre Grenzen klar zu definieren. Daher stärken wir im Kurs *Starke Eltern Starke Kinder® mit Behinderung* die Eltern ihren Kindern zu vermitteln, auf ihr körperliches und/oder seelisches Unbehagen zu vertrauen und eine gute Selbstwahrnehmung zu entwickeln. So sind sie eher in der Lage ‚Nein‘ zu sagen, sich zur Wehr zu setzen oder Hilfe zu holen, wenn sie sich in bestimmten Situationen nicht mehr wohl fühlen und sie spüren, dass ihre Grenzen verletzt werden. 

Kinder haben nicht die Verantwortung, sich selbst zu schützen. Die Verantwortung dafür bleibt immer bei den erwachsenen Bezugspersonen.